Es war einmal ein Vater, der
zwei Söhne hatte.
Je älter und gebrechlicher er wurde, desto mehr dachte er über
sein Leben nach.
Und manchmal kamen ihm Zweifel, ob er seinen Söhnen wohl das
Wichtigste
für ihr Leben weitergegeben hatte.
Weil ihm diese Frage nicht losließ, beschloss der Vater, seine
Söhne mit einem
besonderen Auftrag auf eine Reise zu schicken. Er ließ sie zu
sich kommen und sagte:
“Ich bin alt und gebrechlich geworden. Meine Spuren und Zeichen
werden bald verblassen.
Nun möchte ich, dass Ihr in die Welt hinaus geht und dort
Eure ganz persönlichen Spuren und Zeichen hinterlasst.”
Die Söhne taten, wie ihnen geheißen und zogen hinaus in die
Welt.
Der Ältere begann sogleich eifrig damit, Grasbüschel
zusammenzubinden,
Zeichen in Bäume zu schnitzen, Äste zu knicken und Löcher zu
graben,
um seinen Weg zu kennzeichnen.
Der jüngere Sohn jedoch sprach mit den Leuten, denen er
begegnete,
er ging in die Dörfer und feierte, tanzte und spielte mit den
Bewohnern.
Da wurde der ältere Sohn zornig und dachte bei sich:
“Ich arbeite die ganze Zeit und hinterlasse meine Zeichen, mein
Bruder aber tut nichts.”
Nach einiger Zeit kehrten sie zum Vater zurück.
Der nahm dann gemeinsam mit seinen Söhnen seine letzte und
beschwerliche Reise auf sich,
um ihre Zeichen zu sehen.
Sie kamen zu den gebundenen Grasbüscheln.
Der Wind hatte sie verweht und sie waren kaum noch zu erkennen.
Die gekennzeichneten Bäume waren gefällt worden und die Löcher,
die der ältere der beiden Söhne gegraben hatte,
waren fast alle bereits wieder zugeschüttet.
Aber wo immer sie auf ihrer Reise hinkamen, liefen Kinder und
Erwachsene auf den
jüngeren Sohn zu und freuten sich, dass sie ihn wiedersahen
und luden ihn zum Essen und zum Feiern ein.
Am Ende der Reise sagte der Vater zu seinen Söhnen:
“Ihr habt beide versucht, meinen Auftrag,
Zeichen zu setzen und Spuren zu hinterlassen, zu erfüllen.
Du, mein älterer, hast viel geleistet und gearbeitet, aber deine
Zeichen sind verblichen.
Du, mein jüngerer, hast Zeichen und Spuren in den Herzen der
Menschen hinterlassen.
Diese bleiben und leben weiter.”
Stiegler Herbert
nacheinem afrikanischen Märchen, leicht umgeschrieben
gefunden auf:zeitzuleben.de
Spuren
Mit jedem Schritt, den du tust,
und in jeder Begegnung,
die dir geschenkt wird,
hinterlässt du Spuren.
Ich wünsche Dir,
dass du Spuren der Freude
hinterlässt und des Glücks,
Spuren der Hoffnung
und der Liebe,
Spuren der Gerechtigkeit
und des Friedens,
und da wo du anderen
weh getan hast,
Vergebung erfährst.
Christa Spilling-Nöker
evang. Pfarrerin und Pädagogin